Die Schweizer Börse im Aufschwung

Die Schweizer Börse im Aufschwung

Autor | Quelle

Severin Renold
Prime Partners
Swissquote

Thema

Die Schweizer Börse und die Entwicklung diverser Industrien

Was passiert am Schweizer Kapitalmarkt?

 

Der Swiss Market Index (SMI) hat nach dem Einbruch im März wieder fast zu alter Stärke zurückgefunden. Die Performance der Unternehmen fällt jedoch sehr unterschiedlich aus. Nach dem massiven Rückgang vom März hat der SMI – der Index der 20 grössten Schweizer Unternehmen – wieder Boden gutgemacht. Anfang Juni lag er bereits bei über 10’000 Punkten und damit nur 6% unter dem Stand von Anfang 2020. Zum Vergleich: Der italienische Leitindex MIB fiel im gleichen Zeitraum um 19%, der französische CAC40 um 18.5% und der DAX in Deutschland um 9%. „Die Schweizer Börse übertrifft alle wichtigen Märkte“, so Eleanor Taylor Jolidon, Co-Leiterin Schweizer & globale Aktien bei der Union Bancaire Privée (UBP). Woran das liegt? „Unternehmen aus den USA und der Schweiz erreichen weltweit die höchste Wertschöpfung“, erklärt Taylor Jolidon weiter. „Das Umfeld ist schwierig für Unternehmen, die auf ein starkes Wachstum angewiesen sind. Dies ist bei den meisten Schweizer Unternehmen nicht der Fall. Deshalb erwarte ich, dass der hiesige Markt weiterhin eine Outperformance erzielen wird.“

 

Die Schweizer Unternehmen sind bestens aufgestellt, um Krisen wie diese zu überstehen. „Sie sind international ausgerichtet. So werden konjunkturelle Schwächephasen in einzelnen Regionen durch die Entwicklung in anderen Ländern ausgeglichen. Wer auf vielen Märkten präsent ist, kann Krisen besser abfedern“, erklärt Jérôme Schupp, Finanzanalyst bei Prime Partners. „Zudem sind Schweizer Unternehmen häufig Marktführer oder nehmen eine führende Position in ihrem Segment ein, sodass man an ihnen nicht vorbeikommt.“ Doch es ist nicht alles rosig. „Wir sind von einem übertriebenen Pessimismus zu einem etwas zu grossen Optimismus übergegangen“, fügt Jérôme Schupp hinzu. „Die Märkte sehen die Pandemie als eine vorübergehende Krise, der eine starke Erholung folgen wird. Doch die Schwierigkeiten beginnen gerade erst.“ So sieht das auch Eleanor Taylor Jolidon: „Die Lage der Weltwirtschaft ist äusserst fragil. Viele Menschen haben ihre Arbeit verloren – fast 40 Mio allein in den USA -, und ich bin mir nicht sicher, ob sie schnell wieder eine Stelle finden werden“, erklärt die UBP-Managerin. „Es herrscht derzeit viel Optimismus an den Märkten, ich rechne jedoch mit Korrekturbewegungen und einigen schmerzhaften Überraschungen, gefolgt von erneuter Euphorie.“

 

Börse und Virus

 

Der aktuelle Optimismus ist unter anderem auf die Unternehmensergebnisse für das erste Quartal 2020 zurückzuführen. Sie fielen besser aus als erwartet. „Die Märkte sind sehr emotional“, so Eleanor Taylor Jolidon. „Man hat sich die Ergebnisse für das erste Quartal angeschaut und ist zu dem Schluss gekommen, dass doch nicht alles so schlimm ist. Das wichtigste sind jedoch nicht die Zahlen der Vergangenheit, sondern künftige Entwicklungen und vor allem auch jene nach dem Lockdown.

 

Der SMI nimmt in gewisser Weise eine Sonderstellung ein. „Dieser Index ist nicht repräsentativ für die Schweizer Börse angesichts der drei Schwergewichte Roche, Novartis und Nestlé, die sich in der Krise besser als der Gesamtmarkt behauptet haben und über gute Aussichten verfügen“, erläutert Jérôme Schupp. „Wenn man sich die anderen Unternehmen im SMI oder sämtliche in der Schweiz kotierten Unternehmen ansieht, ergibt sich ein gemischteres Bild.“ Der Betreiber von Duty-free-Shops an Flughäfen Dufry etwa ist schwer von der Coronavirus-Pandemie betroffen, seine Einnahmen sind fast auf null gesunken (-94% im April). Logitech konnte während der Corona-Beschränkungen hingegen die Verkäufe von Webcams um 32% und von Zubehör um 60% steigern. Man sollte sich demnach nicht so sehr auf Indizes wie den SMI oder auf ganze Sektoren blicken. Anleger sollten sich vielmehr auf Unternehmen konzentrieren, die Wert schaffen.

 

Die Pharma- und Lebensmittelindustrie

Es ist nicht überraschend, dass es der Pharmaindustrie in Zeiten einer Gesundheitskrise gut geht. Roche profiliert sich beispielsweise durch seine Expertise in der Diagnostik und innovativer Produkte und erweist sich somit im Kampf gegen Covid-19 als entscheidend. Das Basler Unternehmen kann zudem auf sein Medikament Actemra zählen, das zur Behandlung von Patienten mit schweren Lungenkomplikationen eingesetzt wird. Lonza unterschrieb im Mai einen Vertrag mit dem US-Biotechunternehmen Moderna Therapeutics, um bei der Herstellung eines Impfstoffs gegen Covid-19 mitzuwirken. Im Erfolgsfall könnte das Schweizer Chemieunternehmen, dessen Umsatz im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahr um mehr als 7.4% gestiegen ist, zu einem der Hauptakteure bei der Herstellung des lang erwarteten Coronavirus-Impfstoffes werden. Auch Givaudan behauptet sich gut. Der Genfer Hersteller von Aromen und Duftstoffen, dessen Luxusparfüm-Sparte in Mitleidenschaft gezogen wurde, hat frühzeitig einen Teil der Produktion auf die Herstellung von Desinfektionsmitteln umgestellt. Der Nahrungsmittelriese Nestlé profitierte im ersten Quartal von Vorratskäufen der Kunden wegen der Corona-Pandemie.

 

Pharma, Medizin, Hospital