Die Mechanik des Zinses

Die Mechanik des Zinses

Autor | Quelle

Severin Renold

Thema

Baufinanzierungen und Zinsen

Wie wird der Zins für Ihren Baukredit berechnet?

 

Kleine Zahl, grosser Einfluss

Der Kern einer Baufinanzierung ist der Zinssatz, der für den Kunden die Kosten und für die Bank die Rendite bestimmt. Dahinter steckt ein individueller Wert, den verschiedene Faktoren beeinflussen.

 

Der Kapitalmarkt

Grundsätzlich passen Banken ihre Zinskonditionen den aktuellen Bedingungen auf dem Kapitalmarkt an. Während kurzfristige Marktzinsen wie auf Tagesgeld dem Leitzins der Europäischen Zentralbank (EZB) folgen, sind Bauzinsen davon nicht unmittelbar oder ausschliesslich beeinflusst. Der BAuzins orientiert sich vielmehr an der Entwicklung lagfristiger Papiere wie Anleiehen und Pfandbriefe. Je höher die Nachfrage nach diesen Papieren, desto niedriger ist der Bauzins. Aufgrund der international starken Nachfage nach sicheren Anlagen sind die Renditen für langfristige Bundesanleihen und Pfandbriefe aktuell noch immer niedrig – und infolgedessen sind es auch die Baugeldzinsen.

 

Zins- und geldpolitische Entscheidungen der Notenbanken können sich mittelbar auch auf das Verhalten internationaler Grossanleger auswirken, was die Nachfrage nach Immobilienkrediten steuert und damit wiederum auch den Zins bewegt. Zinsen für Baugeld können sich aber auch gegenläufig zum allgemeinen Zinstrend entwickeln. Ein Beispiel: Im Sommer 2013 wurden Immobiliendarlehen teurer, nachdem der Leitzins gesenkt worden war. Der Grund waren Entwicklungen in den USA. Anleger befürchteten, dass die Federal Reserve Bank ihre lockere Geldpolitik beenden würde und investierten nur noch zögerlich. Daraufhin sank auch die Nachfrage nach Anleihen in unseren Nationen.

 

banks

 

Persönliche Faktoren

Für jeden Kunden macht die Bank ein individuelles Zinsangebot. Denn jeder Kunde bringt ein unterschiedlich hohes Rückzahlungsrisiko für die Bank mit, in das verschiedene Faktoren mit einspielen.

 

Art der Erwerbstätigkeit: Angestellte, Freiberufler, Rentner und Beamte bringen teils geringe, teils sehr hohe Sicherheiten beim Einkommen mit. Daher erheben manche Banken für bestimmte Berufsgruppen prinzipiell Zinsaufschläge oder stellen Anforderungen an die Höhe des Eigenkapitals.

 

Postleitzahl: Der zukünftige oder aktuelle Wohnort beeinflusst die Wiederverkaufsmöglichkeit für eine Immobilie und damit den möglichen Zins. Gleichzeitig hat der Wohnort Auswirkungen auf die Breite der Angebotspalette. Viele regionale Banken bieten beispielsweise nur in bestimmten Postleitzahlbereichen Finanzierungen an.

 

Nutzung und Zustand der Immobilie: Soll die Immobilie als Kapitalanlage genutzt oder selbst bewohnt werden? Für Kapitalanleger gibt es zum Teil spezielle Anforderungen an das Einkommen oder an die maximale Kredithöhe. Wichtig für jeden Käufer: In welchem Zustand und an welcher Lage befindet sich die Immobilie.

 

Bonität des Kunden: Die Bank prüft die Einkommenssituation inklusive Mieteinkünfte, Kapitalerträge oder Renten. Die Ausgaben des Kunden werden davon abgezogen. Je mehr am Ende des Monats übrig bleibt, desto besser ist dies in der Regel für den Zins. Es spielt auch eine Rolle, wie viele Jahre man bereits bei seinem Arbeitgeber beschäftigt ist oder ob der Vertrag befristet ist.

 

 

Details der Finanzierung

Verschiedene Stellschrauben machen Baufinanzierungen für Banken lukrativer als andere, was sie durch bessere Zinsen an den Kunden weitergeben.

 

Darlehenshöhe: Manche Banken bieten Kredite erst ab bestimmten Mindestsummen an und lassen es sich durch Zinsaufschläge bezahlen, wenn vorgegebene Summen unterschritten werden. Für grössere Darlehen gibt es oft Vergünstigungen.

 

Eigenkapitalanteil: Je mehr eigenes Geld eingebracht wird, desto besser ist in der Regel der Zins. Andersherum können die Zinsaufschläge bei Kredithöhen von 70% des Kaufpreises bei etwa 0.1 Prozentpunkten liegen, bei 80-100% bei 0.2 bis 0.8 Prozentpunkten, bei 100% auch bei 1.00 Prozentpunkt und mehr. Diese Schätzungen gelten für die D-A-CH Region und sind nicht endgültig, sondern reine Annahmen durch Momentaufnahmen, die Zahlen können stark variieren durch die bekannten Gründe.

 

Zinsbindung: Weil die Zinsentwicklung zur Zeit schwer einzuschätzen ist, liegen die Zinssätze bei längeren Sollzinsbindungen höher. Der Zinssatz für zehnjährige Zinsbindungen ist etwa 0.3 – 0.5 Prozentpunkte über dem für eine fünfjährige Zinsbindung. Für eine 20-jährige Zinsbindung beträgt der Aufschlag etwa 0.8 – 1.00 Prozentpunkte verglichen mit der zehnjährigen Laufzeit.

 

Tilgungshöhe: Wer hoch tilgt, bekommt oft bessere Konditionen – vor allem, wenn er die volle Tilgungsvariante wählt, bei welcher der Kredit am Ende der Zinsbindung voll abbezahlt ist. Der Zinsvorteil über eine zehnjährige Laufzeit im Vergleich zu einer zweiprozentigen Anfangstilgung kann bei etwa 0.1 bis 0.2 Prozentpunkten liegen.

 

Sonderoptionen: Sonderausstattungen kosten meist extra, das gilt nicht nur für Autos, sondern auch für Baufinanzierungen. Für Tilgungssatzwechsel und Sondertilgungen verlangen einige Banken geringe Aufschläge, andere wiederum bieten beides kostenlos an. Gleiches gilt für bereitstellungszinsfreie Zeiten und Forward-Darlehen.

 

Ein Tipp

Holen Sie sich mehrere Angebote ein und vergleichen Sie den jeweiligen Zinssatz. Dabei lohnt es sich, kleinlich zu sein. Bei einer zehnjährigen Zinsbindung etwa können bereits geringste prozentuale Unterschiede mehrere Hundert oder sogar Tausend CHF ausmachen – je nach Höhe des Darlehens selbstverständlich.