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Severin Renold
Severin Renold
Digitalisierung für KMUs
Von Tag zu Tag findet man einen weiteren Bericht im Fernsehen oder einen Artikel in der Zeitung, über Altstädte die vom Schwund der Einzelhändler betroffen sind. Kleine Warengeschäfte und Dienstleister die einstig zum Standard des alltäglichen Einkaufbummels zählten. Ein Schwatz hier, eine Verkostung dort und hie und da ein offerierter Espresso des aufgestellten Bäckers, der bald in die verdiente Zimmerstunde treten durfte. Die Atmosphäre einer solchen Altstadt wie sie nicht selten in der Schweiz anzutreffen ist, hat oftmals einen ganz besonderen Charme, welcher sich schwer umschreiben lässt wenn man ihn nicht selbst in früheren Zeiten miterlebte. War man an einem Wochenendtag unterwegs bestand grosse Chance, den ein oder anderen Marktstand zu kreuzen, welcher frische Lebensmittel wie Früchte und Gemüse vom Bauernhof, Accessoires, Dekoutensilien oder sonstige einheimische Waren verkaufte. Wahrlich ein Stück Kultur und Tradition, welche mit der Stadt verbunden werden konnte, ohne dabei ein Museum betreten zu müssen.
Doch wo sind sie hin, die Tage der Profitabilität, des blühenden Einzelhandels, der kreativen Machern von klein- und mittelständischen Betrieben? Nicht aus reinem Zufall trifft man beim heutigen Gang durch viele Altstädte ein ähnliches Szenario an. Viele Leerstände, stetige Wechsel von Betreibern, wenig Leben und immer mehr Marken von eher grossen Ketten, wie sie auch in anderen Shoppingcentern aufzufinden sind.
Nicht nur die Einzigartigkeit der Stadt geht dadurch ein Stück weit verloren, an unseren KMUs hängt eine Vielfalt an Ausbildungsstätten für spezifische Berufstätigkeiten, Arbeitsplätze und schliesslich ein Grossteil des Bruttoinlandproduktes (abgesehen von der Lokalität). Was ist es, was das florierende Geschäft derart hemmte? Klar ist es von aussen betrachtend immer einfacher ein Fazit zu ziehen und Ratschläge zu geben, doch eins ist eindeutig – zum aktuellen Konsumwandel haben mehr als nur 2-3 Faktoren beigetragen.
Von der Spezialisierung über die Industrialisierung bis heute, der Digitalisierung haben die durchlebten Phasen einige Gemeinsamkeiten. Sie erhöhten die Produktion, schmälerten langfristig die Kosten und verursachten damit mehr Gewinn. Mit der zunehmenden Globalisierung war es mit der Zeit besser möglich, auch Produkte ausserhalb der eigenen Region zu führen und im eigenen Geschäft abzusetzen, das heisst die Auswahl wurde breiter. Wer einen Kunden möglichst lange in seinem Ladenlokal halten wollte, führte also das Sortiment so, dass dieser nicht mehr zum Nachbar schlendern musste, um dort den Rest seiner Einkaufsliste zu besorgen. Händler wandelten sich von Spezialisten zu Generalisten, die Post führte auf einmal nicht mehr nur Briefmarken im Sortiment, sondern auch Süssigkeiten, Elektronik und Büromaterial. Mit dem aufkommenden Gebrauch des Internets wurde dann schliesslich das nächste Zeitalter eingeläutet, nämlich das der Informationsgesellschaft. Nicht nur, dass das Sortiment nun noch breiter geführt werden konnte, die Transparenz im Netz ermöglichte es den Kunden schon im Vorab zu vergleichen und Entschlüsse zu ziehen, was denn nun von passendem Gebrauch sein könnte. Man erlebte also einen stillen Wechsel vom Verkäufer- zum Käufermarkt. Kunden bestimmten, was man im Laden zu führen hat. Angebot und Nachfrage verlagerten sich und schon längst wurde das Klientel so erzogen, dass sie wussten wer am längeren Hebel sitzt. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier und dazu kommt, er geht meist den Weg des geringsten Wiederstands. Und genau so verhält es sich mit dem Wandel vom Gang durch die Altstadt, zum heutigen Knopfdruck vor dem PC.
Es ist nicht so, dass man heute weniger Wert auf Qualität legen würde, um beispielsweise den Metzger aufzusuchen statt das abgepackte Fleisch aus dem Regal zu nehmen, ganz im Gegenteil. Aber die Vielzahl von Faktoren die es dem Kunden vereinfachen seine täglichen Einkäufe zu erledigen führen dazu, das Shoppingcenter oder den Webshop einem Einzelhändler vorzuziehen. In einer Informationsgesellschaft wie man sie heute nennen kann, wird die Zeit immer knapper. Immer mehr wird Multitasking betrieben, auf dem Weg zur Arbeit die Social Media Kanäle durchforstet, während dem Gang auf die Toilette kurz die Onlinezeitung durchgezappt.
Den Menschen fehlt schlicht weg die Geduld, sich wie früher die Zeit zu nehmen, um sein Auto ausserhalb der Altstadt parkieren zu können und anschliessend seine 4-5 Geschäfte aufzusuchen, welche die entsprechenden Produkte und Dienstleistungen zur Verfügung stellten, die man eben brauchte. Doch was passiert, wenn ich überall alles kriegen kann? Wie differenziere ich mich als Geschäft, wenn selbst der tiefste Preis und die breiteste Auswahl nicht mehr reicht, den Kunden zu locken? Die Antwort liegt in der Qualität des Services. Und möglicherweise braucht es dazu den nächsten Wandel, welche die Leute wieder mehr aufklären und besinnen lässt. Den Fokus zurück gewinnen lässt und die soziale Interaktion mit einem Mitarbeiter hinter der Ladentheke wieder an Wert gewinnt, anstatt die selbe Hose zwar günstiger – aber zum 3x mal hin- und hergeschickt kaufen zu müssen. Wer weiss..
Aktuell lautet die Empfehlung, mit dem Wandel der Zeit mitzugehen und Chancen zu nutzen. Denn die digitale Transformation beginnt im Kopf und in einer kontinuierlichen Umsetzung, wofür ein erster Schritt benötigt wird. Noch heute sind zu viele Kleinunternehmer der Überzeugung, dass solcherlei Technologien und Anwendungen keinen Gebrauch fänden in ihrem Geschäftsmodell. Oder etwa, dass dies zu teuer sei, zu schwer verständlich und zeitlich nicht umsetzbar. Doch nur schon mit einer einfachen Webseite gibt man Kunden die Möglichkeit, sie zu finden bzw zu zeigen, dass Sie überhaupt existieren. Über Social Media können Sie schnell kommunizieren und Einblicke in Ihren Alltag gewähren, etwa Ausschnitte zu Ihrer Produktion, neue Lieferungen oder aktuelle Reduktionen. Die Geschwindigkeit einer solchen Kommunikation lässt sich durch keinen Zeitungsartikel oder keine Radiowerbung ersetzen, auch nicht im Vergleich zu der Reichweite im Kosten / Nutzenverhältnis. Interne Abläufe lassen sich vereinfachen und automatisieren. Die Kundenbetreuung kann perfektioniert werden durch pflichtbewusst geführte CRM Systeme. Es gibt nahezu nichts, was ein Kleinunternehmer nicht gleich führen könnte, wie es die Grosskonzerne vormachen. Doch ein wichtiger Aspekt bleibt, an welchem die komplette Übung hängt und über Erfolg oder Misserfolg entscheidet. Der Wille es zu tun und im Alltag vorzuleben. Der Chef muss den Mehrwert über die angewendeten Dinge verstehen und wertschätzen. Mit der Anwendung von digitalen Tools investiert man in die Zukunft und somit in den Fortbestand des eigenen Unternehmens. Wer sich die nötige Zeit nicht nimmt und entsprechend auch kein Verständnis dafür zeigt, welchen Nutzen eine Investitionen in diese Anwendungen bringt, der wird wohl oder übel auf der Strecke bleiben.