Asien Digital

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Autor | Quelle

Severin Renold

Thema

China & Innovation

China auf dem Vormarsch

 

Chinas Wirtschaft hat sich emanzipiert. In wichtigen Technologiebereichen zählen Anbieter aus dem Reich er Mitte bereits zur Spitze. Dies wird in der Wirtschaft vielfach kritisch betrachtet. Doch bietet China auch Chancen.

 

Frage: Welches Unternehmen hat im vergangenen Jahr beim Europäischen Patentamt die meisten Patente in Europa angemeldet – Siemens, Bosch, Swisscom, Nestle oder vielleicht Schneider Electric aus Frankreich? Die Lösung: keines der fünf. Es war der chinesische Technologiekonzern Huawai.

 

Längst sieht sich Chinas Wirtschaft nicht mehr als verlängerte Werkbank westlicher Unternehmen. In den Technologiekonzernen wird massiv geforscht. Internetriesen wie Alibaba, Tencent oder Baidu zählen Milliarden Kunden und agieren bereits auf Auslandsmärkten. Die Regierung in Peking investiert massiv in Forschung und Entwicklung. Zudem zeigt sich Chinas Bevölkerung digitalen Technologien gegenüber deutlich offener, als dies beispielsweise in Deutschland oder der Schweiz der Fall ist.

 

China hat einen Plan. Einen Plan, um auch in Zukunft für steigenden Wohlstand und Wachstum sorgen zu können. Zu dieser Entwicklung trägt auch die rasant wachsende Mittelschicht auf dem Kontinent bei. China, Indien und Indonesien gehören zu den grössten Märkten im weltweiten eCommerce. Chinas Markt für mobiles Bezahlen ist mehr als 50x grösser als der in den USA. Die zu Tencent gehörende Plattform WeChat zählt mehr als eine Milliarde Nutzer und ein Grossteil der neuen Mittelschicht ist mit den neuen Technologien aufgewachsen.

 

Offen für neue Entwicklungen

Entsprechend bereitwillig setzen sie diese auch ein. Die chinesische Stadtbevölkerung und die Mittelschicht sind sehr offen für neue Entwicklungen und hinterfragen potenzielle Risiken deutlich weniger. Der Telekommunikationsriese Huawei beispielsweise wird von vielerlei Experten als führend betrachtet in der Entwicklung des Mobilfunkstandards 5G. Im Bereich Elektromobilität wird man auch noch aus China hören, soviel sei sicher. Nach Zahlen von Forschungsminister Wan Gang steckte China in den vergangenen Jahren über 226 Milliarden Euro in Forschung und Entwicklung – rund 70% mehr als noch im Jahr 2012. Klar erklärtes Ziel: China will bis ins Jahr 2050 ein bei technologischen Innovationen führendes Land werden. Allein Konzernpatron Jack Ma erklärte in einem seiner letzteren Interviews, zukünftig rund 40 Milliarden des Unternehmenskapitals in weitere Forschung und Entwicklung zu investieren. Dies nicht in erster Linie rein im Interesse des eigenen Unternehmens, sondern vielmehr für die gesunde Weiterentwicklung der Menschheit und natürlich zum Wohle des eigenen Reiches.

 

City Asien

 

Was bleibt Europa?

Europa sollte die Kräfte bündeln, Initiativen für FinTech, RegTech, InsurTech und Weitere schaffen und die privaten und institutionellen Investitionen in Forschung und Entwicklung von Massenprodukten konzentrieren. Es gilt, Chancen und Risiken aktueller und künftiger Technologien offen zu bewerten und dann die besten Anwendungsgebiete zu entwickeln. Allerdings ist es ein Fehler, stets über protektionistische Massnahmen nachzudenken. Das Erfolgsrezept insbesondere von der deutschen Wirtschaft beruht auf Offenheit und Multilateralismus. Je mehr Geschäfte man mit China und Asien macht, desto grösser ist das Verständnis für einander. Liberalismus des Handels führt zu mehr Wohlstand, das zeigen uns die zahlreichen Versuche in der Vergangenheit, bei welchen sozialistische und planwirtschaftliche Modelle scheiterten.

 

Dies gilt auch für die «One Belt One Road» Initiative Chinas, die neue Seidenstrasse, die Europa und Asien einander näher bringen soll. Das Megaprojekt mit Infrastrukturbauten in 65 Ländern ist den USA ein Dorn im Auge. Dies benötigt keine weitere ausführliche Begründung, selbsterklärend rückt China mit jener Initiative ein Schritt Näher Richtung Weltmacht Nr. 1. Wie soll sich nun Europa also verhalten? Wer nicht innoviert bleibt stehen. Wie gesund das Wachstum Chinas ist mit den Milliardensubventionen von privatwirtschaftlichen Zombiebetrieben, steht auf einem anderen Blatt. Wohl oder übel wird es die Welt aber erfahren, wenn die Sanktionen weiterlaufen und der Handelsstreit mit den USA in die nächste Runde geht, denn bei weiteren Abzügen externer massiver Investorengelder rückt die Bondblase hier näher als manchen recht ist. Ist das „One Belt One Road“ Projekt also bereits Plan B für Chinas Wirtschaft? Es bleibt spannend.

 

Belt and Road